IT GO HAVE TO ADJUST.
ON LANGUAGE AS PARASITE

Hold we to the centre of remembrance
that forgets the never that severs
word from the source
and never forgets the witness
of broken utterances that passed before
and now breaks the culture of silence
in the ordeal of testimony;
in the history of circles
each point lies along the circumference
diameter or radius
each word creates a centre
circumscribed by memory... and history
waits at rest always
still at the centre

Auszug aus M. NourbeSe Philip “She Tries Her Tongue, Her Silence Softly Breaks”

Gemeinsam mit Künstler:innen, Programmierer:innen, Übersetzer:innen, Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen und anderen Denker:innen untersucht dasProjekt IT GO HAVE TO ADJUST das parasitäre Wesen der Sprache [1] sowie deren Potenzial, das geeignete Klima und die Bedingungen für subversive feministische, antirassistische und dekoloniale Praktiken in der Kunst und im Verlagswesen zu schaffen. Wir sind daran interessiert, wie dieser Parasit durch Interaktionen übertragen werden kann, die auch ohne unseren Einfluss stattfinden können, und wie eine subversive Sprache Lachen als Freude und Nichtanerkennung hervorrufen kann.

Nehmen wir einmal an, dass wir "Teilnehmende an der Zukunft unserer Sprachen" sind, wie der Dichter Ocean Vuong behauptet. Können wir dann Verfahren zur Optimierung unserer Kommunikation und Netzwerke finden, die durch parasitäres Verhalten diese befreienden Praktiken entwickeln und verbreiten?

Der Titel des Projekts stammt aus dem Theaterstück Pantomime von Derek Walcott und ist den Kreolworten des schwarzen, trinidadischen Bediensteten Jackson entliehen, der nachdem er Mr Trewe von seinen Erlebnissen mit einem Papagei, der infizierte Sprache verwendet, erzählte, gefragt wird, wie ein Papagei denn Vorurteile haben könne. Worauf Jackson erwidert. Dass es sich bei ihm um ein Überbleibsel der “vorkolonialen Zeit handele”, und wenn er in Trinidad überleben wolle, müsse er “mal klar kommen und sich anpassen.” 

Die Recherchekapitel des Projekts haben wir im Hinblick auf Übertragungsmodi konzipiert. Unsere Reise nach Hargeisa begann mit einer Zusammenarbeit mit dem von Jugendlichen geleiteten Kunstraum Fankeenna, der in einer Region tätig ist, die tief in der Geschichte des mündlichen Erzählens verwurzelt ist, was den Somali-Sprechenden auch den Beinamen "Nation der Dichter" einbrachte. Die Zusammenarbeit führte zu einem generationenübergreifenden Treffen und Gespräch über den metaphorischen Atemstillstand, der die Unterbrechung der kulturellen Zirkulation während und nach Konflikten kennzeichnet, und darüber, wie diese Kanäle gepflegt und wiederbelebt wurden.

Im zweiten Recherchekapitel arbeiten wir mit dem in Port of Spain ansässigen Kunstraum Alice Yard zusammen und befassen uns mit Wasser als Übertragungsmedium. Dort wird Walcotts Figur Jackson als Ausgangspunkt für die Untersuchung von Bewegungen über und in Gewässern dienen, die zur Entwicklung des Kreolischen beigetragen haben.

Im bei SAVVY Contemporary stattfindenden Kapitel, das wir als den Korpus unseres Projektes ansehen, bringen wir Arbeiten von Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und Forscher:innen zusammen, die durch ihre jeweiligen Praktiken über das parasitäre Wesen von Sprache in ihren Kontexten nachdenken und diese Betrachtung ausweiten. Mit Kunstwerken von internationalen sowie in Berlin lebenden Künstler:innen bietet die Ausstellung eine vielschichtige Übersetzung des Ausgangskonzepts und setzt sowohl Aspekte der in Hargeisa durchgeführten Recherche wie der gemeinsam mit unserem nächsten Partner Alice Yard in Port-of-Spain unternommenen Überlegungen fort. 

IT GO HAVE TO ADJUST. ON LANGUAGE AS PARASITE ist ein lebendiges kuratorisches Unterfangen, das sich durch eine Reihe von Übungen, Recherchen, Ausstellungen und öffentlichen Programmen entwickelt, erweitert und auf der Ausstellung bei SAVVY Contemporary aufbaut. Das kuratorische Konzept führt die Lesenden in eine Reihe von Themen und Ereignissen ein, die oberflächlich betrachtet wenig miteinander zu tun zu haben scheinen, die aber bei näherer Betrachtung gemeinsame Symptome aufweisen oder von Konvergenzpunkten durch unwahrscheinliche gemeinsame Nenner zeugen. Wenn Sie genau hinschauen, werden Sie neue Manifestationen der Recherchereisen in unseren Räumen finden. Mit dem Fortschreiten des Projekts wird auch der kuratorische Text in neuen Variationen wieder auftauchen, in denen neue Autoren erscheinen werden.

1

Eine Theorie, die auf unterschiedliche Weise von Denker:innen wie Jacques Derrida und Susan Blackmore vorgeschlagen wurde, und die sich in den weitverbreiteten falschen zitierten Wiedergaben von Octavia Butlers literarischem Vorschlag "Es gibt nichts Neues unter der Sonne" aus ihrer Lost-Parables-Reihe findet, der eigentlich mit "Aber es gibt neue Sonnen" endet. Das Fragment von Butlers Hauptsatz hat aber bereits seinen Weg in die Welt gefunden.