Fragments: Eine Reihe künstlerischer Interventionen in das Colonial Neighbours Archiv

Einer der derzeitigen Versuche, die Struktur des Archivs und die Objekte herauszufordern und in Bewegung zu bringen, ist eine Reihe von künstlerischen Interventionen, die in jeweilig unterschiedlich situierten und fragmentarischen Praktiken und Perspektiven das Archiv transformieren. Auf die grundlegende und zugleich vielsagende Problematik des Archivs, überwiegend kolonial-rassistische Objekte zu beherbergen, versucht die Fragments Serie durch einen multiperspektivischen, kollaborativen Ansatz zu reagieren. Das Archiv ist ein machtvoller und  affektiver Ort – wir können ihn aktivieren, aber vor allem aktiviert er uns. Wie kann diese Aktivierung genutzt werden, um sich davon ausgehend kritisch mit den Objekten auseinanderzusetzen?

Wir laden Künstler*innen ein, die sich in ihrer Praxis auf unterschiedliche Weise mit Themenkomplexen wie Kolonialismus, Rassismus, Identität und Erinnerung auseinandersetzen, sich mit Form, Bestand und Wirkung des Colonial Neighbours Archivs zu beschäftigen – es zu re-arrangieren, zu kommentieren oder zu erweitern, um neue Bezüge und Sichtbarkeiten herzustellen. Die künstlerische Arbeit mit dem Archiv ist als ein offener und experimenteller Prozess angelegt, bei dem die eingeladenen Künstler*innen über einen Monat eng vor Ort im Archiv, aber auch im urbanen Kontext arbeiten. Dahinter steht der Versuch einen Bogen zwischen Vergangenheit und gegenwärtigen gesellschaftlichen Tendenzen zu ziehen und dabei zukünftige dekolonisierte Räume zu imaginieren. Die epistemologische und kategoriale Macht des Archivs soll dabei sowohl durch den partizipativen Charakter als auch durch permanentes Intervenieren und Re-arrangieren verschiedener Akteur*innen durchbrochen werden.

In diesem Prozess werden vor allem auch Fragen nach dem Umgang mit Objekten verhandelt, ob und wie zu einer kritischen Kontextualisierung oder Lesart der Objekte beigetragen wird oder ob sie nur „leichter verdaubar“ werden, ob sie für sich selber sprechen können oder sollen und was unsere Antworten darauf sein können. In diesem Sinne verstehen wir Colonial Neighbours als ein hysterisches Archiv, das vor allem auf die Unabgeschlossenheit der Vergangenheit und damit auch in unsere Zukunft verweist.