Monumental Shadows.
Koloniales Erbe neu denken
Ein Projekt von Various & Gould in Zusammenarbeit mit Colonial Neighbours (SAVVY Contemporary)
Koloniales Erbe neu denken August–Oktober 2021
Shadow#1
Performativer Prozess: Papier-Abformung der Bismarck-Statue
02.–21.08.2021 Täglich 9:00 – 17:00
Bismarck-Statue im Tiergarten, Berlin
Das Künstler*innen-Duo Various & Gould kaschiert und formt mit einer dem Papiermaché verwandten Technik das Bismarck-Denkmal (1901 von Reinhold Begas) temporär mit mehreren Schichten aus Papier ab.
Bismarck kommt vom Sockel
21.08.2021 ca.10:00 - 16:00
Bismarck-Statue im Tiergarten, Berlin
Der Arbeitsprozess von Various & Gould wird durch eine künstlerische Intervention von Daniela Medina Poch und Juan Pablo García Sosa begleitet.
Am letzten Tag der Arbeit an der Statue, wird die Papierform geöffnet und vom Sockel geholt. Dabei sind Besuche von Interessierten ausdrücklich erwünscht: Kommt vorbei, schaut Euch die Arbeit an, tauscht Euch mit uns über diese Interventionen und den Umgang mit dem kolonialen Erbe aus!
Shadow#2
Tag des offenen Denkmals
12.09.2021 16:00–19:00
Performance mit der Papier-Abformung
Mit Jumoke Adeyanju, Natisa Exocé Kasongo, Thomias Radin und Maxime Rogron alias Delawhere
Nettelbeckplatz – gegenüber von SAVVY Contemporary
Am Tag des offenen Denkmals laden wir Euch zu einer Performance im öffentlichen Raum ein, in der die Papier-Abformung des Bismarck-Denkmals transformiert wird. Ort der Performance ist ein weiterer öffentlicher Platz, der in seinem Name eine Geschichte von Gewalt trägt: Der Nettelbeckplatz, der an den Kolonialpropagandisten und Sklavenhändler Joachim Nettelbeck erinnert.
Shadow#3
September-Oktober 2021
Workshops mit Schulen
In einem Workshop mit Schüler*innen werden künstlerisch und kreativ die Themen Erinnern, Geschichte, Kolonialismus und Rassismus erarbeitet.
Shadow#4
29.10.2021 19:00
“Ein Platz an der Sonne” & seine langen Schatten | Abschlussveranstaltung
Mit Josephine Apraku, Jumoke Adeyanju, Fernande Bodo und Hanaby, moderiert von Lynhan Balatbat-Helbock
SAVVY Contemporary, Reinickendorfer Str. 17, 13347 Berlin
Zum Abschluss des Berlin-Kapitels laden wir Euch zu einem Austausch mit Performances, Vorträgen und Gesprächen über interdisziplinäre Erfahrungen und Strategien beim Umgang mit kolonialem Erbe ein.
Barrierefreiheit
Rollstuhlfahrer*innen können das Denkmal von der Straße großer Stern kommend über eine Rampe erreichen. Der nächstgelegene S-Bhf Bellevue verfügt über einen Fahrstuhl. Für blinde und sehbeeinträchtige Besucher*innen können wir auf Anfrage unter: info@monumental-shadows.net eine Abholung vom Bahnhof Bellevue vereinbaren.
Es liegen Informationen in Leichter Sprache am Denkmal aus
Am 21.08.2021 ist von 12:00–15:00 eine taube Gebärdensprachdolmetscherin vor Ort und freut sich auf Fragen und Gespräche von und mit gehörlosen Besucher*innen.
Ein partizipatives Projekt im öffentlichen Raum, das das Andenken an Kolonialfiguren vom Sockel holt und die Schatten von Geschichte und Gegenwart verschiebt.
Auch wenn immer mehr europäische Länder beginnen, sich mit ihrer kolonialen Geschichte auseinandersetzen, beherrschen weitreichende Schatten deren Erinnerungskultur. Ehemals kolonisierende und kolonisierte Länder verbindet eine komplexe, gewaltvolle Vergangenheit, die bis in die heutige Zeit nachklingt. Das Kunstprojekt „Monumental Shadows“ setzt sich mit Erinnerungskultur auseinander und beschäftigt sich mit Kunstwerken und Denkmälern, die weiterhin Kolonialgeschichte in den öffentlichen Raum einschreiben.
In einer Kombination aus künstlerischer Zusammenarbeit, inhaltlicher Debatte und öffentlicher Diskussion wird der Zusammenhang von Kolonialismus und heutigem Rassismus sichtbar gemacht. Für „Monumental Shadows“ ist eine Reihe von sieben künstlerischen Papier-Abformungen von Denkmälern in Europa geplant. Vor dem historischen Hintergrund der Berliner „Kongokonferenz“ (1884/85) handelt es sich um Monumente, die einen Bezug zum europäischen Kolonialismus in Afrika haben und heute in Ländern stehen, welche maßgeblich an der Konferenz beteiligt waren und bis bis in die Gegenwart von ihr profitieren. Die ausgewählten Denkmäler und die mit ihnen verbundenen historischen Persönlichkeiten werden in der Geschichtsschreibung ihres jeweiligen Landes (und darüber hinaus) noch immer positiv dargestellt oder sogar glorifiziert. Dabei werden die koloniale Ausbeutung und imperialistischen Gräuel, für die sie verantwortlich zeichnen, verschwiegen, verharmlost oder beschönigt. Einerseits liegt ihr Anteil am Kolonialismus für große Teile der Gesellschaft im Schatten, während ihr Wirken andererseits noch immer einen Schatten auf die Leben vieler Menschen wirft.
Ziel des Projektes ist es, diese Denkmäler zu entmonumentalisieren, indem wir sie symbolisch vom Sockel heben und mit neuen Bedeutungen aufladen. Bei der visuellen Gestaltung der Hülle gehen wir auf das jeweilige Monument und dessen koloniale Geschichte ein. Durch die Leichtigkeit und Verformbarkeit des Papiers wird ihre Vergänglichkeit sichtbar.
Anschließend werden die entstandenen Abformungen in Ver-Formances performativ verformt und damit sogar berührbar. Es wird begreifbar: Geschichte ist nicht statisch, und wir sind alle Teil von ihr. Unser Anliegen ist es, die Wirkmacht der weißen Narration zum Kolonialismus zu brechen, indem wir einen Perspektivwechsel vorschlagen. Dabei ist es wichtig, die eurozentristische Sicht und Erzählweise nicht länger unkommentiert zu reproduzieren. Es ist längst überfällig, die bisher häufig verschwiegenen und ignorierten Geschichtsschreibungen und -erzählungen von People of Color stärker ins Licht und in die Aufmerksamkeit zu rücken. Erst wenn sie Teil einer gemeinsamen Erinnerungskultur sind, können wir uns zu einer kolonial- und rassismuskritischen Gesellschaft entwickeln.
Das Projekt wurde initiiert von dem Künstlerduo Various & Gould und entsteht in Zusammenarbeit mit Colonial Neighbours, einem Langzeit-Projekt von SAVVY Contemporary.
Various & Gould
Die in Berlin lebenden Künstler*innen Various & Gould arbeiten seit 2005 als Duo zusammen. Im Jahr 2010 haben beide ihr Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee (KHB) abgeschlossen. Various & Gould sind Grenzgänger*innen auf verschiedenen Gebieten. Grundlage für ihre Zusammenarbeit sind Druckgrafik, Papiercollage und Kunst im öffentlichen Raum. Auf meist spielerische Weise nehmen sie sozialrelevante Themen in Angriff.
Colonial Neighbours
Colonial Neighbours ist ein Langzeit-Projekt von SAVVY Contemporary in Berlin. Internationale Künstler*innen, Historiker*innen, Kulturwissenschaftler*innen, Kurator*innen und andere Aktivist*innen sind eingeladen, sich in diesem partizipativen Archiv- und Forschungsprojekt mit der deutschen Kolonialgeschichte und ihren Nachwirkungen in der Gegenwart zu beschäftigen.
Team
Künstlerische Leitung Various & Gould
Kuration Lynhan Balatbat-Helbock
ProjektManagement Britt Janina Heinker
Kuratorische Assistenz Lili Somogyi, Antonio Pedro Mendes
ProduktionsAssistenz Billy Fowo, Sagal Farah, Jörg-Peter Schulze, Alina Kologriwaja
Management Lema Sikod
KommuniKation Anna Jäger
Vermittlung Annika Hirsekorn
Einfache Sprache Christina Stark
Design Juan Pablo García Sossa
Photo-Dokumentation Raisa Galofre
Video-Dokumentation Frederic Leitzke (editude pictures), Florian Lampersberger
Förderung Das Projekt wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin und dem Berliner Projektfonds Urbane Praxis, mit freundlicher Unterstützung von Zapf Umzüge.