HOW WILL YOU ASCERTAIN TIME?
Kollaboratives Künstlerisches Rechercheprojekt
Ausstellung
ERÖFFNUNG 29.04.2022 19:00
Mit einer Performance von Dakota Guo um 20:00
Offen 30.04.–27.05.2022 Donnerstag–Sonntag 14:00–19:00
Mit Lamia Abukhadra, Maria Thereza Alves, Tewa Barnosa, Ariel Bustamante, Rehema Chachage, Lamin Fofana, Dakota Guo, Euridice Zaituna Kala, Zahra Malkani, Nida Mehboob, Mehregan Meysami, Naeem Mohaiemen, Lemohang Jeremiah Mosese, Igor Vidor
INVOCATIONS 28.–29.05.2022
MIT ㅤMaría do Mar Castro Varela, Nicole Fleetwood, Angélica Freitas, Manuela García Aldana, Jamila and the Other Heroes, Jasmine Guffond und Stephen Boakye, Sarah Imani, Shahram Khosravi, Daniel Mader, Momtaza Mehri, Tumi Mogorosi und Gabisile Motuba, Adania Shibli
PAUSITIONen Juli, August, Oktober und Dezember 2022
02.07.–03.07.2022 HERE, NOW, THEN, THERE
Workshop mit Lee Ingleton und Syma Tariq
SAVVY Contemporary befindet sich im Erdgeschoss und ist für Rollstuhlfahrer:innen zugänglich. Für weitere Unterstützung senden Sie uns bitte eine E-Mail (communications@savvy-contemporary.com).
SAVVY TOUREN
12.05.2022 16:00 Auf Ungarisch Mit Lili Somogyi
13.05.2022 16:00 Auf Englisch Mit Lili Somogyi
14.05.2022 Abgesagt
15.05.2022 Abgesagt
19.05.2022 17:00 Auf Polnisch Mit Hubert Gromny
20.05.2022 17:00 Auf Englisch Mit Hubert Gromny
22.05.2022 17:00 Auf Englisch Mit Hajra Haider Karrar
26.05.2022 18:00 Auf Englisch Mit Hajra Haider Karrar
26.05.2022 18:00 Auf Türkisch Mit Onur Çimen
HOW WILL YOU ASCERTAIN TIME? denkt über das Warten nach. Dabei stützt es sich auf Sharhram Khosravis Werk und schlägt vor, die Zeit durch das Prisma des Wartens zu betrachten. Warten ist eine nicht-lineare Erfahrung von Zeit, die selbst weder Anfang noch Ende hat. Warten ist ein Zustand, der an der Peripherie der kolonialen Zeit liegt, die als Mechanismus zur Ausübung von Autorität aufgezwungen und in die Länge gezogen wurde. Dabei wird Zeit zu einem Konstrukt und Wert des Imperiums, der von seinen Untertanen befolgt werden soll. So wird das Warten zu einem politischen Zustand, der tief in die Psyche eingreift und von denen, die unweigerlich zu dessen Opfern werden, emotional und physisch empfunden wird. Wie jede andere politische Bedingungen wird auch Warten von jedem Körper, jeder Klasse und jeder race anders erlebt.
Khosravis Überlegungen zum Warten sind in einen Machtzusammenhang eingebettet, bei dem diejenigen, auf die gewartet wird, Macht über diejenigen haben, die zum Warten gezwungen sind, bei dem Zeit Kapital ist und verschwendete Zeit ein Wertverlust, der mit begrenztem Zugängen, Privilegien und Möglichkeiten verknüpft ist. Um über dieses Gefangensein in Kapital und kolonialer Zeit nachzudenken, betrachten wir mit diesem Projekt die verschiedenen Stadien des Wartens und die Machtdynamiken, die sich in jedem Stadium finden und verschieben: die Erwartung eines Zustands des Wartens, der häufig mit der Verwirklichung eines Traums zusammenhängt; das Eintreten in den Bereich und das Erleben des Prozesses, der mit Hoffnung und Sehnsucht verbunden ist; das Bewusstsein der endlosen und miteinander verwobenen Schleifen des Wartens, das einhergeht mit der Erkenntnis von gestohlener Zeit; und schließlich die Verhandlung, die Absorption und die Negation – das Nicht-Warten–, die Kapitulation oder die vollständige Umkehrung der Machtdynamik.
Neben diesem dringenden und aktuellen Diskurs zielt dieses Projekt auch darauf ab, die vielfältigen und affektiven Formen des Wartens zu untersuchen, indem wir die verschiedenen Stadien dieses Zustands und die sich verändernden Perspektiven des Beobachtens und Erlebens von Zeit näher betrachten. Das Projekt versteht sich als Erinnerung an die unpünktliche und unkontrollierbare Natur der Zeit, wobei wir die Aufmerksamkeit auf die dokumentierte Geschichte lenken, die nur ein Fragment ist, das lediglich eine eindimensionale Lesart bietet. Dieses Rechercheprojekt zielt darauf ab, die Erfahrung und die Aushandlung von Zeit und Raum im Bereich des Wartens zu erkennen, zu erfassen, zu teilen und zu diskutieren sowie die politischen und sozialen Infrastrukturen zu berücksichtigen, die dieses Warten ermöglichen und verlängern.
Es ist ein Versuch, die Erzählung um ihre multidimensionale Erfahrung und ihr Verständnis zu erweitern, wo Warten oder angehaltene Zeit einen Prozess des Übergangs, der Umgestaltung, der Regeneration und der Neuvorstellung darstellt, wo Geschichtsschreibungen, Sprachen, Entitäten und Spiritualitäten, Dimensionen und Zeitlichkeiten zusammenkommen.
Warten als Abschied
Warten als inneres Potenzial
Warten als Geduld
Warten als Einschränkung
Warten als Emanzipation
Warten als Antizipation
Warten als Langeweile
Warten als Gewalt
Warten als Aufbruch
Warten als Angst
Warten als Ankommen
Warten als Zeitgewinn
Warten als Außen
Warten als unbewegliche Bewegung
Warten als Vorwärtsbewegung ohne voranzukommen
Warten als Loslassen
Warten als Macht
Warten als Parallelexistenz
Warten als Geschichtlichkeit
Warten als Zukunft
Warten als Gegenwart
Warten als Präsenz
Warten als ein Grund zu leben
Warten als Beinahe-Erfüllung
Warten als Ruhe
Warten als Aufmerksamkeit
Warten als Krankheit
Warten als ein kollektives Werden
Warten als Zuhören
Warten als Übersetzung
Warten als Streben
Warten als zeitliche Ebene
Warten als Beziehung
Warten als die Distanz zu und von
Warten als Seinsform
Beim Warten handelt es sich um einen Bereich, der vom Mainstream ausgeschlossen wird, der eine Existenz an der sozialen und wirtschaftlichen Peripherie führt und daher bei der Aufzeichnung der Geschichte, der Gegenwart und der Planung der Zukunft oft übersehen und nicht beachtet wird. Ein Beispiel dafür sind die jüngsten Wahlen in Deutschland, bei denen ein wesentlicher Teil der Bevölkerung, trotz deren Beitrag zur Gesellschaft, nicht wählen durfte. Eine Bevölkerung in Wartestellung, die direkt von der Politik betroffen ist, aber nicht am Entscheidungsprozess teilhaben darf. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, diese Erfahrungen sowie die Anwesenheit der Wartenden, die präsent, bewusst und wachsam sind, zu artikulieren, wahrzunehmen und zu registrieren.
Dieses Projekt knüpft an SAVVY's Projekt What The Tortoise Murmurs To Achilles On Laziness, Economy of Time, and Productivity aus dem Jahr 2016 an, das sich mit der Dekolonialisierung der kapitalistischen Natur von Zeit beschäftigte, indem es sich auf indigene Kulturen bezog, in denen der Begriff der Zeit nicht greifbar, referenziell und reflexiv ist. Diese Überlegungen zur Politik der Zeit sollen mit dem hier vorgeschlagenen Projekt fortgesetzt werden, das versucht, nicht-normative Zeitlichkeiten über ein Jahr hinweg zu entwirren. Das Projekt, das von Januar 2022 bis Dezember 2022 läuft, ist so strukturiert, dass es während dieses Zeitraums eine Eigendynamik aufbaut. Ausgangspunkt ist eine Ausstellung, die den Weg für jedes der Kapitel durch Recherche, Interaktion und Vermittlungsformate mit wartenden Menschen ebnet. Dabei werden Staatenlose, Kulturtätige, Migrant*innen der dritten Generation, Verantwortliche für infrastrukturelle Entscheidungen, Jurist*innen, Künstler*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen in die Schaffung eines Raumes einbezogen, der das Tempo der peripheren Zeit versteht und sich daran anpasst. Dies gipfelt in einem inklusiven Raum, den wir Pausitionen nennen – vier Momente des gemeinsamen Innehaltens und Nachdenkens in Form von alle zwei Monate stattfindenden Workshops und performativen Artikulationen–, und der die Stimmen und Geschichten aufnehmen kann, die kollektive und parallele Erfahrungen und Existenzen ausmachen.
Team
Konzept & KURATIOn Hajra Haider Karrar
Künstlerische Leitung Bonaventure Soh Bejeng Ndikung, Elena Agudio
Kokuration Sagal Farah
KURATORIsche ASSISTenz Lili Somogyi, Antonio Pedro Mendes
MANAGEMENT Onur Çimen, Lia Milanesio, Lema Sikod
PRODUkTION Rafał Łazar, Santiago Doljanin, António Pedro Mendes, Nancy Naser Al Deen , Onur Çimen, Waylon D'Mello, Lili Somogyi, Hubert Gromny
SOUNDDESIGN Rey KM Domurat
LIcHTDESIGN Emilio Cordero
TECH Bert Günther
KOMMUNIkATION Anna Jäger
GraphikDESIGN Juan Pablo García Sossa
Handout Nancy Naser Al Deen
Praktikum Hubert Gromny
Förderung Das Projekt wird gefördert im Hauptstadtkulturfonds.