Lakbayan.
Voices of Resistance from the Philippines

Für die siebte Zusammenarbeit zwischen SAVVY Contemporary und MaerzMusik, nun unter der künstlerischen Leitung unserer Schwester und ehemaligen Kollegin Kamila Metwaly, haben wir das Privileg, mit Dang A Dang Radio zusammenzuarbeiten, deren Mitglieder wir auf den Philippinen im Rahmen unseres letztjährigen Projekts Magical Hackerism trafen. In dieser Ausgabe laden wir Euch herzlich dazu ein, gemeinsam mit uns, tief in die Archive, Praktiken und Gegenwärtigkeiten von Protestmusik und klanglichen Ausdrucksformen des Dissenses auf den Philippinen hineinzuhören.

Lakbayan ist eine "Protesttaktik, ein Organisierungsinstrument, eine Propagandamaschinerie und ein Lobbymechanismus." [1] Es handelt sich um die Mobilisierung von Massenorganisationen aus Bäuerinnen und Bauern, indigenen Gemeinschaften und Landarbeiter:innen, die von der Peripherie in die Hauptstadt ziehen, um ihre Forderungen an die nationale Regierung zu stellen. Dabei kommen Themen wie die Vertreibung der indigenen Gemeinschaften durch in- und ausländische Plünderung, Ernährungssicherheit und lokalen Kämpfen sowie die Forderung nach der Wiederaufnahme der Friedensgespräche sowie die Militarisierung und die Angriffe auf ländliche Gemeinden zur Sprache. Die Praxis des Lakbayan beleuchtet die Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber diesen Themen und setzt sich ihr entgegen.

Der einmonatige Marsch sowie die Überquerung des Meeres bringen den Kampf auf dem Lande in Verbindung mit anderen Gemeinschaften, in denen die politische Bewegung möglicherweise noch schwach ist. Durch diesen Kontakt können sie zu potenziellen neuen Verbündeten und Unterstützer:innen werden, die einander mit "Informationen, Vorräte und Logistik" versorgen. Die Camps in der Stadt entwickeln sich zu Orten der Bildung, der materiellen Unterstützung und zu "Schauplätzen" für politische Aktionen.

Inspiriert von dieser Tradition präsentiert Dang A Dang Radio LAKBAYAN: Voices of resistance from the Philippines – eine Sammlung von Protestmusik und klanglichen Ausdrucksformen des Dissenses und der soziopolitischen Kämpfe auf den Philippinen. Anhand von "Hörstationen" und zusätzlichem Text- und Bildmaterial werden Einblicke in das Archiv gewährt sowie das zeitgenössische Verständnis von Protest durch Schwingung, Frequenz und Tonalität von Stimme, Klang und Musik bereichert.

Die Ausstellung präsentiert eine generationenübergreifende Auswahl an Klängen von den Klassikern der First Quarter Storm-Bewegung, einer Zeit der Bürgerunruhen in den 1970er Jahren, bis hin zur heutigen Generation von Aktivist:innen und Musiker:innen, begleitet von Hintergrundinformationen und Kontextualisierungen durch Materialien wie Songbooks, Linernotes, Plakate und Fotos aus der Sammlung von Dang A Dang Radio und anderen progressiven Organisationen. Gezeigt werden unter anderem Dang A Dang Radios Sammlung von Archivaufnahmen philippinischer Protestmusik aus den 1970er Jahren bis heute, der Dokumentarfilm Daluyong (1984) von Joey Clemente und Nil Buan, der den bedeutenden Lakbayan oder Lakad ng Bayan Para sa Kalayaan (Volksmarsch für Freiheit) vom 1. bis 7. März 1984 dokumentiert, 1984, und Werke von Federico "boyD" Dominguez, einem bildenden Künstler und Musiker aus den Philippinen, der dafür bekannt ist, dass er in seiner Kunst Bauern und indigene Gruppen in den Mittelpunkt stellt. Ganz im Sinne des Lakbayan wird die Ausstellung die Geschichten des Kampfes aus den Peripherien heraus "transportieren" – nicht als Bitte um Mitleid, sondern als Aufruf zur Solidarität.

Die Ausstellung wird die im Archiv erfassten Themen und Sektoren abbilden und aufzeigen, wie sie sich in der Musik und anderen Tonmaterialien widerspiegeln. Dabei sollen nicht nur die sich verschlechternden Bedingungen und die Unterdrückung gezeigt werden, sondern auch der Klang von Bewegungen, die an Stärke gewinnen und politische Macht aufbauen.

Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
Ausstellungsansicht | Photo von Marvin Systermans
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DANG A DANG RADIO ist ein unabhängiges Online-Radioprogramm, dessen Name sich auf "Dangadang" bezieht, was "Kampf" in Ilocano bedeutet. Das Programm ist eine Hommage an "Dagiti Kanta Ti Dangadang", eine Bücherreihe mit progressiven Liedern, die von politischen Gefangenen, Künstler:innen, Bäuer:innen, Arbeiter:innen, Red Fighters und anderen marginalisierten Gruppen geschrieben wurden.

Das Liederbuch wurde erstellt zur Förderung der revolutionären Kultur der Philippinen durch den Einsatz von Liedern für Propaganda, Bildungszwecke, Veranstaltungen und alltägliche Kämpfe. Seine Herausgeber:innen beabsichtigten, dass es "auf verschiedene Weise eingesetzt wird und die Lesenden die revolutionäre Kultur durch das Verfassen weiterer Lieder, Gedichte, Theaterstücke und anderer Formen des kreativen Ausdrucks verbessern und erweitern".

Geleitet und inspiriert von "Dagiti Kanta Ti Dangadang" wurde Dang A Dang Radio in der Hoffnung gegründet, eine Forschungs-, Archiv- und Online-Radioplattform zu sein, die Lieder, Gedichte, Musik und Tonaufnahmen sozialer Bewegungen für nationale Befreiung und demokratische Rechte auf den Philippinen, in der Diaspora und darüber hinaus veröffentlicht. Ziel ist es, die umfangreiche Geschichte und Tradition der Protestmusik auf den Philippinen zu vermitteln, zu verstärken und hervorzuheben.

Das Online-Radioprogramm wurde von einer Gruppe aus Künstler:innen, Kulturschaffenden und Aktivist:innen ins Leben gerufen, die sich mit Musik, Literatur und unabhängiger Archivierung beschäftigen. Es wurde während der COVID-19-Lockdowns gegen Ende der Amtszeit des damaligen Präsidenten Duterte ins Leben gerufen. Die militarisierte Reaktion auf die Pandemie, die die Gesundheit und den Lebensunterhalt der philippinischen Bevölkerung beeinträchtigte, bildete den Abschluss des jahrelangen Drogenkriegs des faschistischen Regimes sowie der Angriffe auf Medien, Aktivist:innen und Andersdenkende. Diese Zeit war darüber hinaus von der aggressiven Kampagne der Marcos geprägt, in den Malacañang zurückzukehren – in die höchste Machtposition des Landes. Die Familie des ehemaligen Präsidenten und gestürzten Diktators Ferdinand Marcos begann mit einer massiven Kampagne aus Fehlinformation und Geschichtsrevisionismus, die schließlich zur Amtseinführung von Ferdinand Marcos Jr führte. Diese Entwicklungen verstärkten die Dringlichkeit, die Erinnerungen an die Zeit des Ausnahmezustands zu bewahren und inspirierten die jüngste Welle unabhängiger Archivierungsprojekte auf den Philippinen.

1

Raymond Palatino. "From the Countryside to the City: Lakbayan and the Philippine Revolution", September 2017,bulatlat.com

2

Siehe Rosemarie Roque & EngageMedia. "Daluyong: Political Filmmaking in a Period of Social Unrest Redux film playlist on Cinemata", 2022, engagemedia.org/2022/martial-law-films-playlist