Soil is an inscribed body.
Über Souveränität und Agrarpoesien
Recherche–, Performance– und Ausstellungsprojekt
Eröffnung 30.08.2019 19:00
Ausstellung 31.08.– 06.10.2019 Do–So 14:00–19:00 SAVVY Contemporary
Mit Dina Amro, Archipel Stations Community Radio, Luis Berríos-Negrón, Filipa César mit Ahmed Isamaldin und Ali Yass, Binta Diaw, Leone Contini, INLAND, Raphaël Grisey, Mia Harrison, Zayaan Khan, Yen-Chao Lin, Barbara Marcel und Ana Hupe, Julia Mensch, Pedro Neves Marques, Cedric Nunn, Elia Nurvista, Uriel Orlow, Lerato Shadi, Bouba Touré, Hervé Yamguen.
INVOCATIONS 13.09.–15.09.2019
Mit Dina Amro, Archipel Stations Community Radio, Paula Gioia, Mama D Ujuaje, Zayaan Khan, Arlette-Louise Ndakoze, Shela Sheikh, Bouba Touré, Percy Zvomuya und anderen.
Reader Ein Reader mit ausgewählten Texten, der in Kollaboration mit The Institute for Endotic Research (TIER) entstand, wird während der Ausstellung erhältlich sein.
Reader
Der Agropoetics Reader ist eine Sammlung von Texten, die das Projekt beeinflusst, geerdet und genährt haben. In diesem Kontext aus Reflektionen und Gedanken über die epistemische Gewalt, die vom Westen an anderen Formen des Wissens ausgeübt wurde, untersucht Soil Is an Inscribed Body die antikolonialen Kämpfe vergangener und gegnwärtiger Landkonflikte auf der ganzen Welt, um die die Invasion von Neo-Agrarkolonialismus und extravistische Logiken anzusprechen.
Mit Beiträgen von Bengi Akbulut, Yemisi Aribisala, Marwa Arsanios, Luis Berríos-Negrón, Filipa César, Marisol de la Cadena, Ayesha Hameed, INLAND, Mijo Miquel, Asunción Molinos Gordo, Huying Ng, Maria Ptqk, Maria Puig de la Bellacasa, Silvia Rivera Cusicanqui, Bouba Touré, Mirellle and Jennifer in conversation with Alex Ungprateeb Flynn, Hervé Yamguen, und den Herausgeber*innen Elena Agudio, Marleen Boschen, and Lorenzo Sandoval.
In Collaboration with The Institute of Endotic Research (TIER)
Herausgeber*innen Elena Agudio, Marleen Boschen, and Lorenzo Sandoval
MitHerausgeber*innen Onur Çimen and Cleo Wächter
Design von Cleo Wächter
HIER KANN DER READER (ENGLISCH) KOSTENFREI HERUNTERGELADEN WERDEN.
Führungen in SAVVY tongues
05.09.2019 15:00 Mith Jasmina auf Rumänisch
06.09.2019 16:00 Mit Elena auf Englisch
16.09.2019 17:00 Mit Marleen auf Deutsch
20.09.2019 18:00 Mit Abhishek auf Hindi
29.09.2019 17:00 Mit Cornelia auf German
03.10.2019 15:00 Mit Elena auf English
03.10.2019 16:30 Mit Elena auf Italienisch
Lesungen Mai–Juni 2019 An verschiedenen Orten und agro-ökologischen Initiativen in und um Berlin.
WORKSHOP 25.–27.06.2019 Beni Aïssi, Morocco mit Hassan Darsi
Am Leben zu bleiben, erfordert – für jede Spezies – eine lebensfähige Kollaboration. Kollaboration bedeutet, über Unterschiede hinweg zu arbeiten, was zu Kontaminationen führt. Ohne Kooperationen sterben wir alle.
SOIL IS AN INSCRIBED BODY. On Sovereignty and Agropoetics ist ein Projekt, das sowohl die antikolonialen Kämpfe der Vergangenheit als auch aktuelle Landkonflikte weltweit untersucht, die dem Widerstand gegen die Bedrohung des Neo-Agrokolonialismus und seiner extraktivistischen Logik dienen. Das Projekt entwickelte sich aus intensiver Forschung, einer Reihe von Lesungen, Interventionen und Workshops in Berlin, Brandenburg und Marokko und kulminiert in einer Ausstellung (30.08.-06.10.2019) und einem Performance- und Diskursprogramm von Invocations bei SAVVY Contemporary (13.09.-15.09.2019). Das Projekt sucht nach verstreuten und doch vernetzten Momenten der Fremdbestäubung zwischen künstlerischen Strategien und agroökologischen Initiativen.
Wir befassen uns mit der staatlichen und kapitalistischen Zerstörung von Naturgütern sowie mit Formen der Selbstbestimmung und Autonomie, die von lokalen Gemeinschaften als Ablehnung des kapitalistischen und kolonialen Agrarmodells praktiziert werden. Vom freien Frauendorf Jinwar in Rojava in Nordsyrien, über Gemeinschaften wie die Associação para o Desenvolvimento Integrado da Mulher (ADIM) in Guinea Bissau, zum agroökologischen Aktivismus des Dorfes Beni Aïssi in Marokko hin lernen wir unter anderem von diesen Möglichkeiten kooperativer landwirtschaftlicher Praktiken und alternativen Gemeinschaftslebens, und der Kultivierung von Lebensräumen der Befreiung und Emanzipation. Und doch wird die Landwirtschaft auch als Hüter der nationalen Identität zur Waffe gemacht: Die konstruierten Beziehungen zwischen Blut und Boden, zwischen Identität und Land, werden essentialisiert und zum Terrain für fremdenfeindliche Argumente und paranoide Konstrukte des "Anderen" gemacht.
Wie können sich antikoloniale und ökologische Bündnisse gegenseitig unterstützen? Wie können wir die Verflechtungen zwischen verschiedenen Arten und polyphone vielschichtige Zukünfte aufrecht erhalten? Wie können wir Ruinen, Erosion und zerstörte Landschaften verwandeln und Taktiken der Prekarisierung anwenden, um trotz wirtschaftlicher und ökologischer Zerstörung Leben zu ermöglichen?
Wir orientieren uns an dem, was Filipa César "Amílcar Cabrals Agropoetik der Befreiung" nennt, um zu artikulieren, wie politische Theorie von landwirtschaftlicher Praxis beeinflusst und untergraben werden kann. Cabral ist bekannt als Führer und Generalsekretär der Afrikanischen Partei für die Unabhängigkeit Guineas und der Kapverdischen Inseln (PAIGC) und wurde 1973 von portugiesischen Agenten ermordet. Filipa César schlägt vor, Cabrals Praxis als Agronom für die portugiesische Akademie als eine subversive Strategie zu lesen, die in seiner politischen Formation und Militanz aufgekeimt ist, "um den Befreiungskampf von innen heraus voranzutreiben und koloniale Ressourcen zur Information und Stärkung der Befreiungsbewegung einzusetzen". Ist es heute möglich, mit seinen Studien und Schriften eine Boden-Epistemologie zu erarbeiten, um einige der interessantesten aktuellen Kämpfe gegen Monokultur, Landraub und neokoloniale Ausbeutung weltweit zu analysieren und zu beleuchten?
Der Boden ist ein eingeschriebener Körper, ein vernarbtes Terrain, und eine Vielzahl von Organismen, die eine Geschichte der Erosion aufweisen. Er ist ein Behälter und Treffpunkt für Kollektive. Dieses Projekt ist ein vorläufiger Versuchsplatz für künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Boden als Gefäß, Körper und Träger für spekulative, kollaborative Zukunftsszenarien. Wir erforschen dies durch die Praktiken von Künstler*innen wie Bouba Touré, Raphaël Grisey, Julia Mensch, Filipa César und Inland, die direkt mit agroökologischen Initiativen arbeiten, die an Kämpfen um die Bodensouveränität in Mali, Argentinien, Guinea-Bissau und Spanien beteiligt sind. Elia Nurvista, Pedro Neves Marques und Uriel Orlow arbeiten an komplexen Forschungsprojekten über die extraktiven und gewalttätigen Muster des Neokolonialimus und der Fremdenfeindlichkeit im Rahmen landwirtschaftlicher Praktiken und der Migration von Pflanzen. Indigene Technologien, die derlei Praktiken herausfordern, beschäftigen Barbara Marcel und Ana Hupe.
Während die Ungleichheiten des Anthropozäns um uns herum immer deutlicher werden, lernt dieses Projekt aus der Poetik der Ruhe und Keimung, mit der edaphischen Kraft darüber nachzudenken, was es bedeutet, wartend, tastend und fühlend in der umgebenden Materie zu verharren. In den Arbeiten von Zayaan Khan und Yen-Chao Lin erforschen wir, wie wir Kollaborationen jenseits des nur Menschlichen, Mikrobiopolitik und Abhängigkeiten sichtbar machen können. Wir spüren die zerstörerischen, aber auch regenerativen und heilenden Fähigkeiten des Bodens in den Praktiken von Mia Harrison, Hervé Yamguen und Lerato Shadi. Binta Diaw und Leone Contini konzentrieren sich auf die Erinnerungsreste, die auf Reisen an Materialien haften bleiben. Dina Amro zeichnet die klangliche Identität des palästinensischen Kampfes um die Souveränität des Wassers in ihren Aufnahmen und Überarbeitungen von Liedern nach, die um Regen bitten, während Cedric Nunns „Unsettled“ -Fotografien auf die Gewalt hinweisen, die in das Land in Südafrika eingeschrieben ist. Luis Berríos-Negróns „Wardian Table“ wird eine Auswahl von Texten für dieses Projekt in der SAVVY.doc-Bibliothek behinhalten und wird somit sowohl zur Infrastruktur als auch zur sozialen Einrichtung. Das Archipel Stations Community Radio wird während der gesamten Ausstellung einen Radio-Podcast und eine Diskussionsgruppe entwickeln.
KÜNSTLERISCHER LEITER Bonaventure Soh Bejeng Ndikung
Kuratorinnen Elena Agudio, Marleen Boschen
Projektteam Onur Çimen, Cornelia Knoll
Ausstellungsproduktion António Mendes
Management Lynhan Balatbat-Helbock
Kommunikation Anna Jäger
Telling Trees Arlette-Louise Ndakoze
DESIGN Elsa Westreicher, Lili Somogyi
TECH Bert Günther
ART HANDLING Wilson Mungai, Kimani Joseph
AUSSTELLUNGSDESIGN Ola Zielińska
Film Bona Bell
Soil is an inscribed body. On Sovereignty and Agropoetics ist das zweite Kapitel unserer Langzeit-Untersuchung THE INVENTION OF SCIENCE. Das Projekt wird im Hauptstadtkulturfonds und von der Foundation for Arts Initiatives gefördert. Uriel Orlows Beitrag wird großzügigerweise von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung, unterstützt.
Visual Zitiert aus Amílcar Cabrals Gedicht "Return", Design von Elsa Westreicher