On Our Shared Table. 
Botanical Histories, Colonial Pollination, and Material Traces


 

Während seines Aufenthalts bei SAVVY im Rahmen des Programms REFLEKT 2025 setzte der malaysische Künstler Zelin Seah seine Untersuchung darüber fort, wie Land, Arbeit und Geschichte der Botanik durch kolonialen Handel, Migration und ökologisches Gedächtnis miteinander verflochten sind. Zu seiner Abschlusspräsentation seid Ihr herzlich eingeladen, bei einem Abendessen und einer Installation mit dem Titel „On Our Shared Table” gemeinsam Brot zu brechen, wobei eine gemeinsame Mahlzeit zu einem Terrain der Geschichte, Materialität und einer Art des gemeinsamen Denkens wird.

Das zentrale Element dieses Esstisches bildet Brot, das mit Pflanzen aus dem globalen Süden und Norden belegt ist: ein imaginärer Garten. Diese Tischlandschaft  aus Pflanzen erinnert zart an die Berliner Konferenz von 1884, bei der Gebiete an einem Tisch aufgeteilt wurden, sowie an die Gründung des Botanischen Gartens Berlin im Jahr 1897, wo Europa mit tropischen Pflanzen unter Gewächshausbedingungen experimentierte und damit frühe Formen der kolonialen Bestäubung und Kontrolle einleitete. Das Brot liegt auf einer Tischdecke aus Washi-Papier und Fasern von leeren Ölpalmenfrüchten, einer empfindlichen Oberfläche, die Öl, Schmutz und Berührungen absorbiert und als fragiles Archiv der Begegnung dient. Um sie herum verflechten sich Installationen mit lebenden Pflanzen und schaffen einen Dialog zwischen Malaysias Palmölplantagen, Afrika als botanischem Ursprungsort und Europa als Klassifizierer, Ausbeuter und frühem Bestäuber von Samen, Arten und Ideen. Hier vermischen sich Fasern, Laub und Geschichten in subtiler Kontamination. Durch diese Zusammenkunft werden die Materialien zu Zeugen ökologischer und kolonialer Geschichte, der Tisch wird zu einem Ort der Untersuchung, und die Mahlzeit selbst wird zu einer Karte miteinander verflochtener menschlicher und nicht-menschlicher Spuren, die sowohl intime als auch strukturelle Fragen aufwirft: Wer darf reisen, bestäuben, Wurzeln schlagen, und wer muss stillhalten?

„On Our Shared Table” ist sowohl intim als auch geopolitisch – ein zartes Angebot und ein vorsichtiges Abwägen. Es lädt die Teilnehmenden ein, über die Schnittpunkte von Erinnerung, Materialität und ökologischem Wissen nachzudenken, die in Zelins Praxis von zentraler Bedeutung sind.

ZELIN SEAHist ein malaysischer Künstler und Dozent für Bildende Kunst, dessen Arbeit sich mit den Verflechtungen von Land, Erinnerung und materiellen Spuren beschäftigt. Auf der Grundlage langjähriger Forschungen untersucht er in seinen Arbeiten, wie extraktivistische Wirtschaftssysteme und postkoloniale Regime ihre Spuren hinterlassen – auf Körpern, Landkarten und Landschaften. Er arbeitet mit Installationen, Textilkunst und kartografischen Interventionen und verwendet dabei häufig natürliche Materialien wie Rattan oder Ölpalmenabfälle, um die stillen Geschichten, die sie in sich tragen, ans Licht zu bringen. Von veränderten Grundstucksrechten bis hin zu vergessenen Gräsern untersucht er in seinen jüngsten Projekten, wie die Natur durch Wertesysteme geprägt wird und wie ökologische Rückstände die Geister ausgelöschten Wissens in sich tragen. Er war Residenzkünstler bei basis Frankfurt e.V. und im Fukuoka Asian Art Museum und präsentierte 2025 eine Einzelausstellung mit dem Titel „This Land is ( ) Land” bei Richard Koh Fine Art in Singapur. Seine Arbeiten befinden sich in den Sammlungen des Singapore Art Museum und der National Art Gallery Malaysia.