THE WHITE MALE COMPLEX

Das Thema ist der weiße, heterosexuelle Mann. Er hat alles erreicht, er hat alles verbrochen – was kann man mehr über ihn sagen?! Er herrscht, ist aber kein Thema für sich, sondern immer für andere, die er mehr oder weniger bestimmt. So hat sich ein Freiheitsdiskurs, der sich erst durch die Emanzipierungsbewegungen in der europäischen Aufklärung hat etablieren können, zum Problem des weißen Mannes entwickelt.So scheint es. Wer aber, oder vielleicht auch, was ist der weiße Mann?

Seit Mitte der 80er Jahre schon hat sich in den USA ein ideologisch vermintes Forschungsfeld, die Critical Whiteness Studies, entwickelt, in dem sich ultrakonservative Wissenschaftler mit ähnlichen Argumenten, jedoch entgegen gesetzten Motiven gegen eine farbliche Attributierung wehren, wie die Post-Colonial Studies. Hautfarbe als soziales Konstrukt und darunter die individuellen Psychen, die sich diesem Druck ausgesetzt sehen. Denn unter dem Label „Whiteness“ lässt sich schlicht keine „Identity Politics“ betreiben. Wie sollte das auch gehen? In Deutschland sind ja glücklicherweise alle kulturpolitischen Rückzugsgefechte, die mit den Titel „Leitkultur“ überschrieben waren, kläglich gescheitert. Die kulturelle Ordnung, die man auf diese Weise sucht, ist so nicht verfügbar.

Heute ist der junge, weiße, heterosexuelle Mann gleich mit zwei Orientierungsproblemen beschäftigt: Was heißt es Mann zu sein und dann auch noch weiß?! Und das angesichts einer sich immer weiter partikularisiernden Welt in der „Cultural Heritage“ zu symbolischem Kapital künstlerischer Produktion geworden ist. So ist gerade bei jungen, Künstlern manchmal eine Verunsicherung zu spüren, die aus dieser kulturell blinden Stelle herrührt.

Die Ausstellung unternimmt den Versuch einer stichpunktartigen Anamnese dieser Unschärferelation. Die kuratorische Methode beschränkt sich hierbei auf das Aufzeigen von Symptomen bis hin an die Grenze pathologischer oder gewalttätiger Phantasien, aber nicht darüber hinaus. Viel ist in dieser Betrachtungsweise den Arbeiten von Klaus Theweleit zu verdanken, dessen Beschreibungsweise von nicht zu Ende geborener Männlichkeit und Körperpanzern aller Art, bis hin zu Superheldenhalluzinationen ein brauchbares Instrumentarium zur Verfügung stellt.

Dass die Ausstellung bei SAVVY Contemporary, einem Ort des Dialoges zwischen nichtwestlicher und westlicher Kunst stattfinden kann, ist eine Chance, den Diskurs kulturell zu öffnen. Sie wird von einer erweiterten Publikation zu diesem Thema belgeitet.