LET'S SIT DOWN TOGETHER
AND TALK ABOUT A LITTLE CULTURE

We are connected to el cenote via the individual and collective árbol de la vida, and our images and ensueños emerge from that connection, from the self-in-community (inner, spiritual, nature / animals, racial / ethnic, communities of interest, neighborhood, city, nation, planet, galaxy, and the unknown universes). 

Gloria Anzaldúa in Light in the Dark/Luz en lo Oscuro [2]


Aus der ehrlichen Verpflichtung zur Gastlichkeit und aus dem tiefen Glauben an die Möglichkeiten heraus, die im Beieinandersitzen bestehen, laden wir Euch dazu ein, gemeinsam an elf aufeinanderfolgenden Tagen einen alternativen, sich ändernen Raum für Begegnungen rund um die Kultur zu gemeinsam zu schaffen. Fühlt Euch eingeladen zum gemeinsamen Mittagessen und einem Programm für Kinder und Erwachsene und alle dazwischen, in dem Kollektive, diasporische Initiative und plurale Gespräche Raum schaffen – Raum, in dem Menschen mit vielschichtigen Identitäten zusammenkommen, improvisieren, neue Sprachen entwerfen, vergessene Weisen zu widersprechen wiederentdecken, dem Spiel nachgeben, träumen und ihre Widerstandsmanöver teilen. 

In den vergangenen acht Jahren haben wir bei SAVVY während der Internationalen Filmfestspiele Berlin mit dem Forum Expanded zusammengearbeitet und eine Reihe von Einzelausstellungen gezeigt, in denen Filmemacher:innen Material aus ihren Recherchen und Archiven neu zusammenstellten und präsentierten, und damit Gespräche rund ums Filmemachen und Archivieren ermöglichten. Wir wollen an dieser liebgewonnen Tradition, vielschichtige Möglichkeiten, den Film zu erkunden, weiter festhalten, gehen dafür in diesem Jahr aber neue Wege, die wir gemeinsam mit den Communities beschreiten, die dort nötig sind, wo sich filmische und andere Realitäten ausbreiten und jenseits der Leinwand berühren.

Wir befinden uns in unbeschreiblich harten und unsicheren Zeiten, in denen die Welt von Kriegen, Völkermorden, Vertreibung und Exil, Gentrifizierung, Plünderung von Ressourcen, Ausgrenzung und kultureller Kontrolle sowie Verarmung durch imperiale Mächte geplagt wird, was sich auf unterschiedliche Weise und mit unterschiedlicher Intensität auf unser Leben auswirkt. Dabei sind unsere Positionierungen fließend.

Wie können wir die alltäglichen und dringlichsten Lebensrealitäten von alleinerziehenden Müttern, Arbeitslosen, queeren Menschen, Arbeitenden, Geflüchteten, Kindern und Jugendlichen, Rentner:innen, chronisch Kranken oder Behinderten, älteren Menschen, Immigrant:innen, Trans-Menschen, Illegalisierten, Menschen mit psychischen Problemen, Obdachlosen und vielen anderen – die Liste bleibt immer unvollständig – miteinander in einen Dialog bringen? Kann die Erfahrung, die der Film und die Kunst im Allgemeinen bieten, dazu beitragen, dass Erzählungen und Visionen, die als unzusammenhängend, weit voneinander entfernt oder gegensätzlich wahrgenommen werden, ineinandergreifen und wesentlich komplexere Realitäten zum Ausdruck bringen? Kann in einem Kontext, in dem die anhaltende Dynamik imperialer Mächte die Komplexität der Realitäten dichotomisiert und einheitliche Subjekte auferzwingt, die die Vielfalt von Identitäten zerstören, die heilende Kraft der Künste und des Kinos im Besonderen dazu beitragen, Allianzen und kollektive Initiativen zu schaffen, um die aktuelle Situation zu verändern?

Wir glauben fest, dass dass es möglich ist, und nehmen Gloria Anzaldúas Einladung an, in einer Gemeinschaft mit Vielfalt und Unterschieden zu leben, die auf affektiven Bindungen und dem Wunsch nach Vereinigung beruht, um eine integrativere Welt zu schaffen. Sie lädt uns ein, diese Welt durch das Heilen von Wunden, Gewalt und Unsichtbarkeit aufzubauen. Wir müssen begreifen, was als natürlich und was als gemacht dargestellt wird, und wir müssen die Disziplinen, in denen wir unterrichtet wurden, mit anderen Arten von Weisheit durchdringen. In den Grenzgebieten jedoch werden das Private und das Öffentliche neu verhandelt, wo die Objekte und Subjekte des Wissens umgewandelt werden und wo die Methoden sich selbst durch gelebte Praxis entdecken.

Wir versammeln uns rund um Filme herum und unter Leinwänden und erweitern so unsere Gemeinschaft, während wir gemeinsam über die Dringlichkeiten, Herausforderungen und Kämpfe unserer Zeit nachdenken und fühlen. Indem wir das Kino als Plattform, Werkzeug und Medium nutzen, versammeln wir uns über das Ausstellungsmachen, Bilden von Koaltionen und pädagogischen Übungen wie Workshops zur Plakatgestaltung, Maskenperformances und mehr.

In diesen elf Tagen des Beisammenseins, die sich in dem sich wandelnden Raum von SAVVY entfalten, schaffen wir durch tägliche Mittagessen, Platz für Workshops und  Zusammentragen von verkörperten Gedanken und Spielen vielfältige Möglichkeiten von Wissen und Weisen, in der in der Welt zu sein.

Eine Ausstellung und eine Performance werden vom NHK6, dem Nachbarschaftshaus Neukölln, präsentiert. mitkollektiv veranstaltet einen Workshop zu Raum, Stoffen und Körpern, während Queer Analog Darkroom einen Workshop zu diasporischer Erinnerung und Archiven durch Praktiken der analogen Fotografie und Collage ermöglicht. Screenings und Gespräche werden von anderen Beitragenden entwickelt: AKE DIKHEA?, NAAS | Network of Arab Alternative Screens, POC Art Collective. Auch unsere individuellen Partner:innen – Ding Dawei, Moonis Ahmad – vertreten größere soziale Gemeinschaften und Realitäten, die sie durch filmische und visuelle Kunst in den Raum bringen, so dass wir um diese herum zusammenkommen.

Bei diesen Zusammenkünften denken und stellen wir uns eine realisierbare Zukunft vor, eine Zukunft, die noch nicht bekannt ist und noch nicht gelebt wird, die aber bereits erträumt wurde, um eine Befreiung hervorzurufen. Dies kann am besten im Dialog, in der Konvergenz von Körpern, Wissen und Erfahrungen entstehen. Wir wissen, dass "wir lernen müssen, uns zusammenzusetzen und über ein bisschen Kultur zu reden", [3] nur dann können wir auch gemeinsam aufstehen und mit unseren Aufständen auf den Schultern gehen.

Dieser Raum für Begegnungen entsteht aus der Absicht und dem Wunsch, sich eine Welt vorzustellen, die sich von derjenigen unterscheidet, die durch das Netz der kolonialen und kapitalistischen Beziehungen programmiert ist. Wir schlagen diese Begegnungen vor, weil wir wissen, dass uns lange Widerstandsprozesse bevorstehen, komplexe, langsame, manchmal kleine, kaum wahrnehmbare, manchmal schmerzhafte, aber in jedem Fall Prozesse, die eine hohe Dosis Hoffnung erfordern. Es sind Prozesse, in denen wir uns neu erfinden, neu verschwören und erneut die Samen der Freiheit aus der Erinnerung unserer Vorfahren, aus unseren Körpern, aus unseren Narben und auch aus unserer Vorstellungskraft weitertragen.

FUSSNOTEN

[1] Der Titel des Projekts ist eine Anspielung auf Sylvia Wynters Essaysammlung We Must Learn to Sit Down Together and Talk About a Little Culture, 2019.

[2] Gloria Anzaldúa (2015). Light in the Dark/Luz en lo Oscuro: Rewriting Identity, Spirituality, Reality, Duke University Press.

[3] Wynter, 2019.

     

Alle Veranstaltungen im Programm