We are not worried in the least

نحن لسنا قلقین على الإطلاق

eine ausstellung von Jasmina Metwaly

2016 begann SAVVY Contemporary eine Reihe von Einzelausstellung, die während der Laufzeit der Berlinale zu sehen sind – Welcome to Applied Fiction von Jean Pierre Bekolo machte den Anfang, gefolgt von Amos Gitais The Law of the Pursuer. Wir sind in dieser Reihe daran interessiert, mit den Archiven und Recherchen der Filmemacher*innen zu arbeiten, mit ihren Aufnahmen, Objekten oder Texten. Filmemacher*innen sind eingeladen, noch einmal jenes umfangreiche Material, ob produziert oder gesammelt, zu sichten, das es nicht in die finale Version ihres Films geschafft hat. Diese Kollaborationen bieten darüber hinaus die Möglichkeiten eines vertauschten Ausstellungsraumes, der es gestattet, Film durch Raum zu transformieren.

We are not Worried in the Least نحن لسنا قلقين على الإطلاق  ist das Ergebnis einer Einladung von SAVVY Contemporary an Jasmina Metwaly, eine ägyptisch-polnische Filmemacherin, Künstlerin und einstige Aktivistin. 

Ihre Ausstellung beschäftigt sich mit ihrem Archiv und ihrer Recherche zum Bewegtbild, die sie seit 2011 betreibt. Der historische Hintergrund dessen, womit die Betrachter*innen konfrontiert sein werden, ist die turbulente politische und soziale Landschaft Ägyptens in diesem Zeitraum: die Aufstände von 2011 und die Bildung bürgerlicher Gesellschaften, eine Zeit neuer politischer Vorstellungskraft in Richtung von Neuwahlen, kurz danach gefolgt von einem militärischen Coup, der die Rechte der Bürger*innen einschränkte und diese durch strengere Gesetze von den Straßen räumte. Tatsächlich führte dies dazu, dass jegliche Opposition ausgelöscht, Ägyptens Existenz marginalisiert und Ängste geschürt wurden. Der Titel der Ausstellung ist ein direkter Verweis auf den derzeitigen permanenten Zustand von Paranoia in Ägypten: ein politischer Limbus, der sich nur als Moment von banaler und monotoner Gewalt beschreiben lässt. Warten, ob auf Polizeirevieren, in Gerichtsälen oder am Telephon, um von Angehörigen Nachricht zu bekommen–die Kämpfe haben den Lebensrhythmus aller Betroffenen verändert. Im Angesicht dieser existentiellen Erschöpfung, scheint der einzige Weg, um die Lage zu überwinden, zu sein, ihrer überdrüssig und müde zu werden. Dies bietet immerhin Abstand und die Möglichkeit, aus der eigenen Realität herauszutreten. Was diesen bewegten Bildern verschiedene Formen verleiht, sind eine Reihe von variierenden Motivationen dafür, Zeugenaussagen aufzunehmen, die Aufnahme, Abstand und Einstellung bestimmen. Die Choreographie dieses zusammengetragenen filmischen Materials ermutigt zu einer Reflektion über die verschiedenen Weisen, in denen Ereignisse übersetzt und fiktionalisiert werden, sobald sie von einer Kamera eingefangen werden, und in denen sie demontiert werden durch Einstellungen (verstanden als Zeichnung) und Schnitt. In einem historischen Moment, in dem ein politisches Ereignis umgehend zum Spektakel erklärt und global in Form von Bildern verbreitet wird, fragt diese Ausstellung, welche Rolle wir spielen, wenn wir diese Bilder produzieren und ebenso, wenn wir sie betrachten. Was können diese Bilder, nun in Berlin gezeigt, womöglich erreichen?

WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre
WE ARE NOT WORRIED IN THE LEAST | Photo: Raisa Galofre

JASMINA METWALY, Tochter eines ägyptischen Vaters und einer polnischen Mutter, ist eine in Kairo  und Berlin lebende Künstlerin, Filmemacherin, und Mitglied des Mosireen Kollektivs. Sie arbeitet mit Video und Film und nahm kürzlich das Zeichnen wieder auf. Sie arbeitet gern mit Menschen und deren Geschichte und Geschichten, Texten, Archiven, Bildern, Manuskripten und Zeichnungen. Sie interessiert sich dafür, wie Geschichten Geschichten kreiieren und wie sie dabei den Ort einer Realität verlassen, um in eine andere einzutreten und dabei die Grenzen beider miteinander verschränken. Verwurzelt in Performance und Theater, konzentrieren sich ihre Arbeiten auf prozessorientierte Praktiken, die eine soziale Funktion erfüllen und Spannungen zwischen Teilnehmenden und Zuschauenden erzeugen. 

Metwalys Arbeiten wurden bei internationalen gezeigt, darunter in der Townhouse Gallery in Kairo, beim IFFR–International Film Festival Rotterdam, in der Sfeir-Semler Galerie sowie beim Berlinale Forum Expanded. Seit 2010 hat sie Projekte gemeinsam mit dem Filmemacher Philip Rizk realisiert. Gemeinsam haben sie das Programm How to Act: On Stages and Storytellers at Beirut in Kairo kuratiert. 2015 wurde ihr Spielfilm Out on the Street im Deutschen Pavillon bei der 56. Biennale in Venedig gezeigt sowie im MoMA im Rahmen der Austellung Films from Here: Recent views from the Arab world. 2017 war sie Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.

Archive außer sich ist ein Projekt des Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt. Gefördert im Rahmen von Das Neue Alphabet durch die BKM auf Grundlage eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.